Misslungene Kommunikation
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Misslungene Kommunikation
 

Der Praxismanager eines großen radiologischen Instituts: „Man kann sagen, was man will. Hinten kommt es anders ´raus, als man‘s vorne ´reingegeben hat. Sie kennen das ja...“.

Kommentar: Warum ist das so? Kann man das nicht ändern?


Vertriebler eines mittelgroßen Mittelständlers: „Aus Sparsamkeitsgründen bekam ich ein minderwertigeres Kfz, als laut Absprache vorgesehen. Nun versuche ich mit aller Macht, die Maschine kaputt zu kriegen.... bisher leider noch ohne Erfolg.“

Kommentar: Sollte man sich nicht besser an Absprachen halten?


Die Außendienstler eines Mittelstandsbetriebes sind gehalten, Telefonate NUR vom Festnetz aus zu führen – das sei billiger. Während des Handytelefonats eines Mitarbeiters herrscht der vorbei kommende Geschäftsführer den Außendienstler an: „Wer hat wen angerufen?“ Ergebnis:
Der Vertriebsmann ist irritiert, sein Kunde (der das mitbekam) ebenfalls, die Autorität des Mitarbeiters ist untergraben. Übrigens hatte der Kunde den Mitarbeiter angerufen...

Kommentar: Hier haben wir es mit Kontrolle aus Sparzwang zu tun. Die Frage
bleibt: Welche Kosten werden auf welche entstandenen Schäden eingespart?


„Auf den ersten Eindruck kommt es an;
bei mir ist der erste Eindruck immer der Entscheidende.“

Danach kann ein Mensch tun, was er will: Eine zweite Chance gibt es oft nicht. Diese Reihenfolge, in der Reize (der erste Eindruck) wahrgenommen werden, welche die Gesamtbeurteilung eines Menschen mehr als die nachfolgenden Eindrücke beeinflussen, sind unter den Wahrnehmungsverzerrungen als Primacy-Effekte bekannt. Daraus folgt, dass wir uns bei jedem ersten Zusammentreffen alle Mühe (geben), auf den anderen möglichst attraktiv, freundlich und intelligent zu wirken (Forgas 1992)

Primacy-Effekte wirken auch dort, wo Informationen über einen Menschen aus „dritter Hand“ bekannt werden.

Dazu ein Beispiel:

Der neue Regionalleiter einer Handelskette galt als berüchtigt wegen seines besonders rigiden Umgang mit seinen Mitarbeitern, weil ein Kollege das aus seiner Sicht so erlebt haben wollte. Zitat: „Der ist ein Unmensch...“. Das Gerücht hielt sich bis zu seinem Antrittsbesuch im Markt, wo ihm fast alle Mitarbeiter mit Argwohn und Unsicherheit begegneten.

Kommentar: Wir sollten uns also vor dem ersten Eindruck hüten, genau so wie vor dem letzten.


Auf den Verbesserungsvorschlag eines Helfers in der Tageszeitungsproduktion antwortet der Abteilungsleiter: „Machen Sie hier Ihre Ar­beit. Dafür werden Sie bezahlt. Für’s Denken bin ich zuständig...

Kommentar: Es ist wohl eine rhetorische Frage, ob der so verachtete Mitarbeiter jemals wieder über einen weiteren Vorschlag nachdenkt, bzw. diesen äußert.


„Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln. Was wollen die überhaupt? Solln se doch ihren Mist nich auf unsere Köppe abladen“.

Gemeint sind Anweisungen eines Vorgesetzten, die das Gegenteil dessen bedeuteten, was ein anderer angewiesen hatte. So geschehen, als Mitarbeiter eines Elektrofachmarktes eine Warenauslage neu gestalten sollten, um diese nur zwei Tage später wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen. Der Grund waren zwei Führungskräfte, die sich nicht einig waren, wer über welche Befugnisse verfügt. Überdies äußerten sich beide in Anwesenheit der Mitarbeiter negativ über den jeweils anderen.

Kommentar: Welchen weiteren Schaden anzurichten die beiden Führungskräfte in der Lage sind, kann sich hier jeder leicht ausmalen. Dies nicht nur gegenseitig, sondern auch gegenüber der Konzernspitze, den Mitarbeitern, den Kunden – und natürlich gegenüber sich selbst.


E-Mail einer Geschäftsführerin an die Buchhalterin: „Was machen Sie eigentlich den ganzen Tag???“

Kommentar: Wenn man zusätzlich noch bedenkt, dass diese e-Mail übers Wochenende gesendet wurde, und die Mitarbeiterin diese mit als erstes am Montag morgen las, so kann man sich leicht vorstellen, welche verheerenden Auswirkungen dies auf die Arbeitsmotivation der kommenden Woche bedeutete.


In einer Filiale eines international tätigen Büromarktkonzerns hing wochenlang (!) – ohne weitere Erläuterung – ein farbiges Großplakat am „Schwarzen Brett“, u.a. mit folgendem Inhalt: K = Kommunizieren... und zwar mit allen über alle notwendigen und wichtigen Dinge.“

Es entwickelte sich folgender Dialog, der hier verkürzt nachgezeichnet wird:

Mitarbeiter: Was bedeutet aus Ihrer Sicht das „K“ an dem Aushang dort?

Führungskraft: Welcher Aushang?

Mitarbeiter: Da draußen (im Flur), am schwarzen Brett.

Führungskraft: Wo? (Steht auf, liest sich das Plakat durch, kommt zurück). Antwort: Ja, also, dass wir alle miteinander reden.

Mitarbeiter: Konkret: Worüber reden?

Führungskraft: Ja über alles mögliche...

Mitarbeiter: Das tun wir aber nicht.

Führungskraft: (Achselzuckend) Ich weiß.

Mitarbeiter: Sind Ihnen irgendwelche Anweisungen bezüglich des Inhalts des Plakates („K = kommunizieren: mit allen über alle notwendigen Dinge“) von der Zentrale bekannt?

Führungskraft: Nein.

Kommentar: Daraus ergibt sich zusammengefasst folgendes:

Erstens: Statt dass jeder (wer?) mit jedem (allen?) über alle notwendigen (was ist notwendig? was nicht?) Dinge kommuniziert (Wunsch, Vor­gabe), wusste die Führungskraft weder von der Existenz eines Aushanges, noch vom Inhalt desselben mit eben dieser Order, dass sie (wie jeder) mit jedem (also allen) über alle notwendigen Dinge (welche?) kommunizieren soll.

Zweitens: Wenn es dagegen jemandem notwendig erschien, ein solches Plakat mit dem genannten Inhalt entwerfen und aufhängen zu lassen, impliziert dies, dass nämlich auch er als Urheber (jeder) mit seinen unterstellten Führungskräf­ten (jedem) über alle notwendigen (hier: die Weitergabe der Vorgabe) Dinge (der Inhalt des Plakates) kommunizieren soll. Indem der Urheber dieses ver­säumt hat, ist das Plakat mit der Anweisung zu kommunizieren ad absurdum geführt.


In einem Bürofachmarkt wurde aus Profitstreben Sortimentsveränderungen ohne Rücksicht auf Kundeninteressen und deren Kaufgewohn­heiten durchgesetzt. Mit massiven Kundenbeschwerden hatten sich die Mitarbeiter allein auseinander zusetzen. Das Ergebnis waren dramatische Umsatzeinbußen in verschiedenen Bereichen des Sortiments. Schließ­lich räumte der verantwortliche Führungsstab Fehler ein – dennoch wurde kein einziges Mal das Fachwissen der Mitarbeiter vor Ort angefordert oder beachtet.

Kommentar: Ein typisches Beispiel „zentralistisch gelenkter Entscheidungsverfahren in der Organisation“ (vgl. Ury et al., 1991, S. 58 f.).


Der Verkaufsförderer eines Einmalgeschirrvertriebs hatte zusätzlich zu seinen turnusmäßigen Kundenbesuchen wochenlang Neueinrichtungen in Märkten von Neukunden einzurichten. Der einzige Kommentar, den der vorgesetzte Bezirksleiter vernehmen ließ, lautete sinngemäß, dass doch die Warenpräsentation im Altkundenbestand wesentlich gelitten habe. Statt eines Belobigungssystems gab es aber ein schlichtes, wirksames Sanktionssystem in der Organisation: „Sie können ja gehen, wenn es Ihnen hier nicht mehr passt“.

Kommentar: Keine Leistungsanerkennung – es gibt kein Belobigungssystem. Statt dessen werden auch außerordentliche Lei­stungen als „selbstverständlich“ vorausgesetzt, und nur solche als Minimalleistung anerkannt. Man kann sich gut vorstellen, mit welcher Motivation der Außendienstler danach gegenüber seinen Kunden auftrat, als auch Bereitschaft zeigte, fortan mehr als den Altbestand zu pflegen.


Die Mitarbeiterin eines radiologischen Instituts versicherte, dass sie während ihrer gesamten Ausbildungsdauer nicht ein einzi­ges Mal über – Zitat: „Stress im Umgang mit schwierigen Patienten“ geschult worden sei. Sie fuhr fort: „Wir werden mit dem Problem allein gelassen. Jeder hat seine eigene Methode.“

Kommentar: Kommunikationsprobleme im Umgang mit Kunden, Klienten oder Patienten werden nicht oder nicht ausreichend trainiert. Es ist bekannt, dass die genannten „eigenen Methoden“ oft bis zum völligen Rückzug der Mitarbeiter führen können.


Die Mitarbeiterin einer Praxis für Physiotherapie fühlte sich dem immer größer werdenden Arbeitsaufwand nicht mehr gewachsen. Sie litt zunehmend unter der Überlastung, und übertrug diese Verstimmungen auch in ihr Privatleben. Ihre direkte Vorgesetzte gab ihr implizit regelmäßig zu verstehen, dass die Vorgängerin mit der Belastung besser fertig geworden sei. Außerdem meidete die Vorgesetzte (im Gegensatz zu anderen) jede – außer dienstlich notwendiger – Kommunikation mit der Angestellten; stellte sie bloß, vor Kollegen, vor Patienten und intrigierte gegen sie beim Praxisinhaber. Dieser sah indes keine Notwendigkeit, einzuschreiten, da seine „beste Kraft“ (die Vorge­setzte der Mitarbeiterin) Handlungsvollmacht besaß. (Ergänzend: Die Vorgesetzte solle schon mehrere Male neu eingestellte Mitarbeiterinnen zur Kündigung veranlasst haben.) Der Praxisinhaber konnte oder wollte auf seine erste Kraft jedoch nicht verzichten. Ergebnis: Die schikanierte Mitarbeiterin kündigte jedoch nicht aus Angst vor Arbeitslosigkeit. Dafür litt sie unter Kreislaufzusammenbrüchen und psychischen Verstimmungen, was ihr langjähriger Verlobter zum Anlass nahm, die schon geplante Eheschließung auf einen unbestimmten Zeitpunkt zu verschieben. Das wiederum hatte weitere Auswirkungen auf die Instabilität ihres persönlichen Empfindens...

Kommentar: Hier haben wir es schon mit einem Fall von Mobbing zu tun. Dass, und wie darauf zu reagieren, bzw. vorzubeugen ist, gehört in die „Handwerkskiste“ einer jeden Führungskraft.